Logo Kanton Bern / Canton de Berne Fächernet Volksschule

Beurteilung im Fachbereich NMG ERG Zyklus 3 und Beispiele zu Beurteilungsanlässen

Zur Beurteilung im Fachbereich NMG ERG Zyklus 3 stehen einige Fragen im Raum: Gibt es eine Beurteilung? Wird eine Note gesetzt? Welche Beurteilungsformen sind sinnvoll? Sind summative oder formative Beurteilungsanlässe möglich oder sinnvoll? ERG hat neben den fachlichen Kompetenzen viel mit Sozialverhalten und Persönlichkeitsbildung zu tun – wie sind diese zu beurteilen?

Vorgaben

Vorlage Lehrplan 21
Zur Frage der Beurteilung nach Lehrplan 21 gibt es einen Fachbericht im Auftrag der EDK. Darin wird unter anderem festgehalten: «Pro Fachbereich gemäss Lehrplan wird grundsätzlich eine Note erteilt» (S.29), beim Besuch von Wahl- und Freifächern kann der Eintrag «besucht» erfolgen (S.31). Bei ERG handelt es sich um einen obligatorischen «Fachbereich». Entsprechend erscheint im Musterzeugnis beim Fach ERG wie in allen anderen Fachbereichen eine Note.

Kanton Bern
Die AHB (Allgemeine Hinweise und Bestimmungen zum Lehrplan 21) halten fest, dass die Leistungen im Fach ERG durch ein «besucht» ausgewiesen werden.

Entsprechend steht in der Beurteilungsapplikation und in der Vorlage «Beurteilungsbericht 7./8./9. Klasse» neben dem Fach ERG der vorgedruckte Eintrag «besucht».

Prädikat «besucht»
Es bestehen insofern widersprüchliche Vorgaben, welche auch die in der Praxis verbreiteten Unklarheiten widerspiegeln. Ausschlaggebend für die Beurteilungspraxis im Kanton Bern sind auf jeden Fall die im Kanton Bern geltenden AHB. Folglich wird der Unterricht im Fach ERG durch ein «besucht» ausgewiesen.

Dies deckt sich mit einer verbreiteten Meinung, dass die im Fach zu bearbeitenden Inhalte oder Kompetenzen grundsätzlich nicht beurteilbar sind – weil es beispielsweise um persönliche Einstellungen, um Haltungsfragen, um ethische Fragen oder gar um religiöse Vorstellungen der Lernenden geht.

Beurteilung in ERG: möglich – sinnvoll – zwingend?

Bei genauer Lektüre der Fachkompetenzen ERG wird allerdings klar, dass die Kompetenzen so formuliert sind, dass sie tatsächlich auch beurteilbar sind – auch dann, wenn es um ethische oder gar religionsbezogene Kompetenzen geht. So lautet z.B. eine Kompetenz zur ethischen Urteilsbildung «Die Schülerinnen und Schüler können kontroverse Fragen diskutieren, Positionen, deren Interessen und Begründungen vergleichen und einen Standpunkt vertreten». Oder eine Kompetenz zur religiösen Praxis «Die Schülerinnen und Schüler können ausgewählte Gebote und Regeln verschiedener Religionen erläutern und entsprechende Auslegungen, Bräuche und Verhaltensweisen im Alltag erkennen und respektieren» – wobei gerade der letztgenannte Begriff «respektieren» auf eine gewisse Schwierigkeit im Hinblick auf die Beurteilung weist.

Allerdings sollen die beiden Beispiele aufzeigen, dass die Einstellungen der Lernenden in diesem Fach durchaus eine Rolle spielen. Im Zentrum steht jedoch die Fähigkeit, die eigenen Haltungen zu kommunizieren, Einstellungen zu begründen und zu reflektieren. Ebenso geht es in diesem Fach auch um Sachkompetenzen und entsprechendes Grundlagenwissen.

Ganz allgemein ist darauf hinzuweisen, dass ein kompetenzorientierter Unterricht zwingend dahingehend überprüft werden muss, inwiefern die entsprechenden Kompetenzen erfüllt worden sind oder nicht. Schliesslich besteht auch eine gewisse Gefahr, dass das Fach an Bedeutung verliert, wenn es – als einziges Fach im Fächerkanon – nicht summativ beurteilt wird.

Vorteile bei einem Verzicht auf Noten

Es gibt durchaus Gründe, um auf eine summative Beurteilung beziehungsweise auf eine Note im Fach ERG zu verzichten. Auch wenn im LP21 die Kompetenzen – wie oben gezeigt – so formuliert sind, dass sie grundsätzlich summativ überprüfbar sind, gibt es immer wieder Situationen, in welchen nicht-überprüfbare Fähigkeiten der Lernenden eine Rolle spielen, beispielsweise in Bereichen der sexuellen Bildung, beispielsweise im Umgang mit der eigenen Konfliktfähigkeit oder überhaupt im Umgang mit Anderen oder mit dem Fremden. Ebenso geht es in ERG oft auch um Entwicklungsaufgaben, wie die Frage nach der eigenen Identität, um Erwachsenwerden, um Fragen nach dem Umgang mit Anderen.

In der Unterrichtspraxis gibt es manchmal auch Situationen, in welchen eine Überprüfung der Kompetenzen problematisch wäre: So kann es z.B. sinnvoll sein, Übungen zum bewegten Lernen oder Methoden der Stressreduktion anzuwenden. Beurteilbar sind die «Anwendungen» solcher Methoden nicht. Zu beurteilen ist dagegen die Fähigkeit, die entsprechenden Praktiken zu beschreiben, zu kategorisieren, oder auch den eigenen Umgang damit zu kommunizieren. Analoges liesse sich sagen zu Fragen der sexuellen Identitäten oder Fragen des Erwachsenwerdens.

Sicht der Lehrpersonen
Gerade aufgrund der anspruchsvollen Arbeit in diesem Fach kann es entlastend sein, wenn der Aufwand für eine summative notenmässige Beurteilung wegfällt. Somit kann ein Raum entstehen für wichtige Aufgaben, welche in anderen Fächern manchmal zu wenig Raum erhalten.

Sicht der Lernenden
Die Lernenden können erfahren, dass sie auch Leistungen erbringen können, wenn diese ausserhalb eines notenmässigen Beurteilungssystems stehen. Sie werden in ihrer intrinsischen Motivation gefördert, was für leistungsschwache Schülerinnen und Schüler eine Chance bedeuten kann. Damit wird das gewohnte System durchbrochen, mit welchem Schülerinnen und Schüler auf Noten konditioniert werden. Lehrkräfte erhalten zudem auf einfachem Weg eine Rückmeldung zu Ihrem Unterricht, wenn nämlich die Schülerinnen und Schüler ohne Notendruck motiviert arbeiten.

Beurteilung ist sinnvoll

Formative Beurteilungen sind problemlos möglich und wichtig: Die Lernenden sollen ihre Lernprozesse reflektieren und Selbsteinschätzungen vornehmen können. Die Lehrkräfte beobachten die Schülerinnen und Schüler in Bezug auf ihre Lernprozesse und geben ihnen lernförderliche Rückmeldungen – z.B. Lernjournal führen lassen.

Der Verzicht auf Noten kann auch Möglichkeiten eröffnen für alternative Beurteilungsformen: z.B. offene Beurteilungen in dem Sinn, dass die Lernenden mitentscheiden, wann und wo sie beurteilt werden.

Summative Beurteilungen sind auch ohne Noten möglich, z.B. dann, wenn die Lernenden Sachkenntnisse dokumentieren sollen, Modelle darstellen oder Vergleiche anstellen sollen. Da in ERG keine Zeugnisnote gesetzt wird, ist es naheliegend, diese Form eher selten anzuwenden. Summative Beurteilungen können mit Prädikat oder mit einer Punktzahl vorgenommen werden; selbstverständlich ist es auch möglich, bei einem Beurteilungsanlass eine Note zu setzen, auch wenn diese nicht im Zeugnis erscheinen wird. Wichtig ist, dass die Beurteilung nachvollziehbar und transparent erfolgt, so dass die Lernenden diese auch einordnen können.

Personale und soziale Kompetenzen, überfachliche Kompetenzen, BNE

Im Fachbereich ERG haben die überfachlichen Kompetenzen eine grosse Bedeutung, insbesondere personale Kompetenzen wie Selbstreflexion, Selbständigkeit, Argumente abwägen und einen eigenen Standpunkt einnehmen, sowie soziale Kompetenzen wie Dialog- und Kooperationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Umgang mit Vielfalt. Insofern erhält der Fachbereich ein besonderes Gewicht, wenn es um Rückmeldungen in diesen Bereichen geht. ERG bietet den Lehrpersonen oft viele Gelegenheiten, diesbezüglich Beobachtungen festzuhalten und entsprechende Rückmeldungen geben zu können. In diesem Zusammenhang ist auch erwähnenswert, dass Erkenntnisse und Beobachtungen der formativen Beurteilung (wie in anderen Fachbereichen auch) in die jährlichen obligatorischen Standortgespräche einfliessen sollen. ERG kann zu den oben erwähnten Kompetenzen (personale, soziale etc.) auf reichhaltige Beobachtungen zurückgreifen.

Ebenso hat der Fachbereich ausgesprochen viele Berührungspunkte zu den «Fächerübergreifenden Themen unter der Leitidee der Nachhaltigen Entwicklung» (Querverweise in ERG zu BNE sind: Politik, Demokratie und Menschenrechte; Geschlechter und Gleichstellung; Gesundheit; Globale Entwicklung und Frieden; Kulturelle Identitäten und interkulturelle Verständigung). Hier ist eine Unterscheidung hilfreich: BNE als Lerngegenstand kann durchaus beurteilt werden. BNE als Haltung ist dagegen wiederum ein Bereich, in welchem es um nicht oder nur schwierig zu überprüfende Kompetenzen geht.

Gewichtung von Inhalt und Form

Eine offene Frage besteht darin, wie formale Elemente wie Sprache, Gestaltung, Auftreten zu beurteilen sind im Unterschied zur inhaltlichen Qualität. Klar ist, dass Sprache in Sprachfächern und Gestaltung in musischen Fächern wichtiger sind als im Fachbereich ERG. Insofern ist es sinnvoll, inhaltliche Aspekte stärker zu gewichten als formale. Dennoch sei hier geraten, formale Elemente bei der Beurteilung auch zu berücksichtigen, da Sorgfalt und Genauigkeit beispielsweise bei einem Produkt auch einen kommunikativen Aspekt beinhalten.

Beispiele von Beurteilungsanlässen

Zu den drei ERG-Lernarrangements Religionslandschaft Schweiz, Übergangsrituale im Jugendalter sowie Wissen und Glauben werden jeweils unterschiedliche Beurteilungsanlässe aufgeführt. Diese sind zu verstehen als Beispiele oder Anregungen, welche je nach Gutdünken angepasst und verändert werden können. Die Beurteilungsanlässe haben sowohl summativen wie formativen Charakter –ausschlaggebend wird die Form der Rückmeldung sein.

Alle drei Beurteilungsanlässe beinhalten einführend einen Kommentar für Lehrpersonen.

Religionslandschaft Schweiz


Übergangsrituale Schweiz


Wissen und Glauben

Seite teilen